Kirche arbeitet aktiv an der Umwidmung

Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 39/2015

Christliche Wertevermittlung am Eifeler Täterort Vogelsang

Das Projekt „Seelsorge im Nationalpark“ zieht um: aus dem früheren belgischen Truppenkino in eines der ehemaligen „Kameradschaftshäuser“, in denen die „Junker“ der NSDAP wohnten, während sie in der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang in Menschenverachtung und Massentötung ausgebildet wurden.

„Vogelsang war Täterort. Da wurde die Axt geschärft, die im Osten geschwungen wurde“, schreibt Buchautor Franz-Albert Heinen: Viele „Gebietskommissare“, die im besetzten Osten die zweite Tötungswelle nicht

Pfarrer Timotheus Eller (l.) und Pastoralreferent Georg Toporowsky sind die Seelsorger in Vogelsang. © KiZ

Pfarrer Timotheus Eller (l.) und Pastoralreferent Georg Toporowsky sind die Seelsorger in Vogelsang.
© KiZ

nur der ukrainischen Juden organisierten, hatten zuvor in Vogelsang oder Krössinsee gelernt, wie das geht. „Gottlos, schamlos, gewissenlos“ urteilte die hingerichtete Widerstandskämpferin Sophie Scholl einmal über die in den Nazi-Ordensburgen ausgebildeten Junker („Jung-Herren“). Am „Täterort“ Vogelsang wirbt heute die katholische Kirche für das genaue Gegenteil: für Humanität, Frieden und das christliche Menschenbild. Ihr neues Zuhause, das Generalvikar Andreas Frick Anfang 2016 einweihen will, verfügt über großzügige Seminarräume – und einen spirituellen Panoramablick aus dem Inneren eines NS-Bauwerks in Gottes weite Natur.

„Das ist Programm“, sagt Pfarrer Timotheus Eller, der Pastoralreferent Georg Toporowsky, den Leiter des Aachener Bistumsprojektes „Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“, unterstützt. Das Bistum Aachen will mit dem Projekt Menschen in geschützten Freiräumen mit sich selbst und Gott in Berührung bringen. Die Teilnehmer sollen „Aufwind spüren“, so der Slogan des Unternehmens. Toporowsky: „Es geht dabei weniger um die Historie, als vielmehr um die zentralen Fragen: ,Was lernen wir daraus?‘; ,Was bedeutet mir die Würde des Menschen?‘; ,Woher kommt die Würde des Menschen?‘. Dann sind wir aktuell sehr schnell bei der Frage, wie wir mit Flüchtlingen umgehen.“

Kirche und Rotes Keuz ergänzen sich in ihrem Auftrag

Die Kirche „missioniert“ in Vogelsang nicht im hergebrachten Sinne. Aber sie nimmt im günstigsten Fall Einfluss auf die Haltung der sie besuchenden Menschen. Toporowsky: „Wie viel ist uns der Mensch wert? Was hält uns als Gesellschaft zusammen – die ,christlichen Werte‘, auch wenn sie uns vielleicht nicht einmal mehr bewusst sind? Oder ist Europa nicht mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft?“ „Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“ kämpft am historisch verbrämten Täterort nicht allein auf weiter Flur. Aus einem Guss ist in Vogelsang das Rotkreuz-Museum für humanitäres Völkerrecht entstanden und ein „Friedenspfad“, den junge Menschen aus aller Welt bei zwei internationalen Friedenscamps in Vogelsang angelegt haben. Museumschef Rolf Zimmermann, der selbst als Logistiker mehrfach im internationalen Katastropheneinsatz war, will die Besucher aus der Reserve locken. Zurzeit zeigt das Rotkreuz-Museum die Ausstellungen „Kinder unter Feuer“ und „Auf der Flucht“, die das niederländische Rote Kreuz erstellt hat.

Auf dem „Friedenspfad“, der ein Stück parallel zu Eifelsteig und Wildnis-Trail verläuft, sollen die Begeher nicht nur Friedensbotschaften anderer aufnehmen, sondern sich selbst positionieren. An Ort und Stelle mit Papier und Bleistift, oder anschließend, wenn sie wieder daheim sind, auf der Facebookseite „Friedenspfad Eifel“.

In der Nähe entsteht Gästehaus für Übernachtungen

„Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“ und das Rotkreuz-Museum für humanitäres Völkerrecht sind nach dem Umzug Nachbarn auf dem weitläufigen Gelände der früheren Nazi-Ordensburg. Als drittes Objekt wird neben dem Rotkreuz-Museum ein Kameradschaftshaus zum Gästehaus mit Übernachtungsmöglichkeiten ausgebaut. Das Bistum Aachen hat einen Teil des früheren Kameradschaftshauses Nr. 6 für zehn Jahre angemietet – mit einer Option auf weitere zehn Jahre. Das denkmalgeschützte Gebäude liegt direkt an Eifelsteig und Wildnistrail, gleichzeitig einem der Hauptbesucherwege Vogelsangs, mit herrlichem Blick auf den Urftsee und den Nationalpark. Die Diözese ist Hauptmieterin, außerdem zieht die Regisseurin und Schauspielerin Mona Creutzer (Theater K, Aachen) in das „Vogelsang 86“ benannte Gebäude.

Investorin Maria A. Pfeifer: „Ein Teil der Räume wird von einer Abteilung für Biodiversitäts-Informatik im Bonner Koenig-Museum genutzt, in der ich arbeite. Damit hält auch die Forschung Einzug auf Vogelsang.“ Wie „Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“ den spirituellen Raum mit Panorama-Rundumblick auf die bewaldeten Hügel von Kermeter und Urftsee genau gestalten wird, soll bei einem Workshop im Herbst diskutiert werden. Eine „Kapelle“ im klassisch-katholischen Sinne wird es wohl nicht werden. Auch Menschen anderer Konfessionen und Religionen oder solche, die generell auf der Suche nach Gott und nach sich selbst sind, sollen in diesem „Freiraum“ Anknüpfung finden. Das Büro von Pfarrer Eller befindet sich gleich nebenan – falls einer nicht nur den Blick aus der Höhle in die Weite Gottes sucht, sondern auch einen, der sich um seine Seele sorgt.

von Manfred Lang

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