Kooperation mit der Bleiberger Fabrik Aachen gestartet

Seit zwei Jahren präsentiert die Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang 18 Werke des von den Nationalsozialisten als „entartet“ gebrandmarkten Künstlers Otto Pankok. Coronabedingt war leider bis heute noch keine offizielle Eröffnung und Ausstellung möglich.
In der Hoffnung, die Bilder Pankoks bald zeigen und insbesondere auch jungen Menschen davon begeistern zu können, gibt es nun eine Kooperation mit der Bleiberger Fabrik aus Aachen (www.bleiberger.de).

Die Künstlerin Aylin Can beabsichtigt, mit Schülerinnen und Schülern zusammen ein Konzept zu entwickeln, wie jungen Menschen sich heute auf kreative Weise die Werke Pankoks erschließen und aus ihnen lernen können. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, ein Konzept und den entsprechenden Finanzierungsplan aufzustellen und damit die Rahmenbedingungen für die inhaltliche Arbeit zu schaffen.
Die Werke Otto Pankoks haben mit Blick auf die NS-Geschichte Vogelsangs eine große Relevanz. Pankoks Grundhaltung war eine zutiefst humanistische, eindeutig und konsequent. Er nahm die unausschöpfbare Fülle jedes Menschen und jedes Lebewesens wahr, mit dem er sich verbunden fühlte.

Seine Werke drücken die Überzeugung aus, dass jeder Mensch und jedes Lebewesen wunderbar erschaffen ist- und zwar so, wie man tatsächlich ist. Pankok stellte in seinen Werken Menschen realistisch dar, nicht geschönt, sondern in all ihrer Armut, Verletzlichkeit und Gebrochenheit. Aber immer auch in der darin verborgenen Würde und Schönheit. Nur wenige Künstler stellten damals ähnlich genau und ohne falsches Pathos und ohne Sentimentalität Armut und Not dar (z.B. Käthe Kollwitz).

Pankok stellte Menschen dar, wie sie waren, mit ihren individuellen Besonderheiten, und er tat dies immer in der Anteilnahme, bei jedem Menschen, sei er noch so unterdrückt, zerstört und armselig, etwas unzerstörbar Menschliches und Wertvolles zu finden. Pankok war nicht neutral, sondern stand parteilich für Mensch und Natur ein. Das brachte ihn in die Lage, starke und bis heute wirksame Gegenbilder zu entwickeln – gegen die Negierung und Bedrohung dieser Würde und Schönheit von Mensch und Schöpfung insgesamt.
Besonders exemplarisch steht für diese Haltung die Figur des Raklo – eines Sinto-Jungen. Dieser war in seiner unbeugsamen Eigensinnigkeit eines von Pankoks Lieblingsmodellen. Pankok war von den Sinti und Roma fasziniert, sie verkörperten für ihn Freiheit und Lebensfreude.

Es ist der einzelne Ausgegrenzte, der in den Raklo-Darstellungen Gestalt gewinnt. Die Darstellung verleugnet nicht die Ärmlichkeit der Figur – Raklo ist barfuß, der Anzug fällt fast zu weit über seinen Körper – aber mit dieser Ärmlichkeit korrespondiert das Unkon-ventionelle, das Unverbogene, das Nicht-Angepasste. Offen, groß und weit leuchten die Augen, lässig rauchend schaut er dem Betrachter entgegen, fast etwas verschroben sitzt die Mütze auf dem Kopf – ein Bild der Freiheit.

Wie sehr diese Freiheit bedroht ist, bezeugt das hochsymbolische Bild „Kinder am Stacheldraht“ von 1936. Es ist – hier wie in vielen anderen Darstellungen – nicht das vordergründig Schöne, das Pankok anzieht, sondern vielmehr das Menschliche in all seiner Vielfalt, vor allen Dingen aber: in seiner Eigenart. Gestik und Blicke der Kinder am Stacheldraht wechseln zwischen Resignation und unbeugsamer Sehn-sucht nach Freiheit… genau das ist es, was Pankok immer wieder darstellen will.
Der Kunsthistoriker Rudolf Schröder schrieb 1947 über Pankok: „Seine Bilder sind ein Vermächtnis an Menschen, die, ähnlich der jüdischen, gräßlich unter den Verfolgungen einer entarteten Zeit gelitten haben und deren Schuld nur ihr Zigeunersein war, nur ihr einfaches, schönes Da-Sein und ihre Weigerung, dieses zu opfern.“
Georg Toporowsky