Botschaft und Notwendigkeit sind eindeutig: Die Natur, unsere Lebensgrundlage, ist in vielfältiger Weise bedroht. Die Lebensqualität und oft sogar das Überleben von vielen Menschen, Tieren und Pflanzen selbst ist gefährdet. Es braucht die dringende Anstrengung aller, die Schöpfung als gemeinsames Haus für die gesamte Menschheit und für alle Geschöpfe zu bewahren. Auch die Kirchen sind gefragt, Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz ins Zentrum ihres Handelns zu stellen und die Option für die Armen auf alle bedrängten Geschöpfe auszuweiten.
Doch weder die Motivation noch eine entsprechende Umsetzung in konkretes nachhaltiges Handeln sind selbstverständlich und durchgängig gegeben. Die tief in unserer Gesellschaft verwurzelte Krise kann entsprechend nicht allein mit technischen, politischen oder wirtschaftlichen Strategien gelöst werden, es braucht besonders auch die Erfahrung und Einübung einer intrinsischen Motivation und einer spirituellen Transformation: Wir müssen unsere Sicht auf die anderen Lebewesen als Objekte verändern, sie vielmehr als Gemeinschaft von Subjekten ansehen.
Hierfür wiederum braucht es (auch kirchliche) Erfahrungs- und Lernorte. Als ein solcher versteht sich die „Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“. Sie ist ein „Ort von Kirche“, der Menschen zu einem nachhaltigeren Lebensstil inspiriert, motiviert und anleitet. Unser Beitrag zur Transformation umfasst drei Bereiche:
- Programme, in denen wir Menschen inspirieren, motivieren und anleiten, respektvoll mit der Schöpfung umzugehen und möglichst nachhaltig zu leben;
- gesellschaftspolitisches Engagement, mit dem wir kirchliche Einrichtungen dazu inspirieren, motivieren und anleiten möchten, die notwendige ökologische Transformation als einen Schwerpunkt ihres kirchlichen Handelns anzusehen und nachhaltiger zu wirtschaften
- aktive Maßnahmen zur Förderung der natürlichen Mitwelt.
Als unseren wesentlichen programmatischen Beitrag für eine Transformation hin zu einem ökologisch und sozial nachhaltigeren Lebensstil sensibilisieren und inspirieren wir Menschen für eine veränderte Sicht und für ein verändertes Verhältnis zur Natur. Dieser tiefgreifende Bewusstseinswandel soll dann zu einem veränderten Handeln führen. Dabei umfasst dieser „Blickwechsel“ verschiedene Bereiche: Es geht zuerst darum, unsere „Naturvergessenheit“ zu überwinden, vielmehr die Natur als unsere Lebensgrundlage und als uns Guttuende, Schöne und Heilsame bewusst wahrzunehmen und wertzuschätzen. Denn: „Ich schütze, was ich schätze.“ Dieser Impuls der Biologie-Didaktik veranlasst uns dazu, alle Veranstaltungen „draußen“, in der Natur als „Lehrmeisterin“ durchzuführen. Doch oft „vergessen“ wir Menschen auch, dass diese für unsere Lebensqualität so entscheidende Natur in vielfacher Weise bedroht ist. Es gilt, die Zerstörung dieser Natur durch den Menschen und deren Folgen im Nahbereich und global wahrzunehmen und die Dringlichkeit des Handelns zu erkennen. Darüber hinaus möchten wir dazu beitragen, dass Menschen den oft trennenden Graben zwischen sich und „der Natur“ überwinden, dass sie Natur vielmehr als etwas mit uns zutiefst Verbundenes erfahren, sich selbst als Teil der Natur begreifen. Das Gefühl der inneren Verbundenheit mit der Natur als eine Art „universale Familie“ führt zum Bewusstsein, dass alles, was die Natur betrifft, auch mich selbst betrifft und dass alle Geschöpfe einen Eigenwert besitzen, der unabhängig ist vom menschlichen Nutzen. Dieses Gefühl der Verbundenheit mit der Natur hält uns davon ab, diese ausschließlich als Objekt, als Ressource anzusehen, über die wir das moralische Recht empfinden, sie auszuplündern. Schließlich betrifft der veränderte Blick auf die Natur auch die spirituelle Sicht auf sie. Wir inspirieren Menschen, Natur als Gottes gute Schöpfung zu erfahren, welche Gottes Gegenwart in sich enthält. So kann die Welt als Verkörperung Gottes angesehen werden und alle Geschöpfe als heilig. Hieraus kann eine „Schöpfungslust“ [Simone Birkel] erwachsen, Staunen und Bewundern, die Freude an der Schöpfung und ihren Geschöpfen, das Gefühl einer universalen Verbundenheit des Menschen mit allen Mit-Kreaturen. Die Befreiungstheologie inspiriert uns dazu, die durch die Zerstörung von Natur einhergehenden Ungerechtigkeiten gegenüber anderen Menschen und Mit-Geschöpfen zu erkennen und im Sinne der biblischen Option für die Armen dagegen anzugehen. Dies und die notwendige Transformation gelingt jedoch nur in einer Haltung der Hoffnung. Nur wer Hoffnung hat, kann in hoffnungslos erscheinenden, verfahrenen Situationen sich auf das hin umstellen, was jetzt hier nottut (Hans-Joachim Sander). Diese Hoffnung ist insbesondere deshalb wichtig, weil angesichts der übergroßen Herausforderungen der notwendigen Transformation vielfach die Gefahr der Resignation, Verzweiflung, Apathie und Hoffnungslosigkeit besteht. Der rettende und die Schöpfung bewahrende Gott kann dabei als Grund unserer Hoffnung erfahren werden.
Auf der Basis dieser veränderten Sicht auf die Natur stärken wir die für die Veränderung des eigenen Handelns hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil notwendigen psychischen Ressourcen und unterstützen Menschen bei der konkreten Ausgestaltung eines nachhaltigeren Lebensstils, vor allem durch die Stärkung von Handlungskompetenzen hinsichtlich eines nachhaltigeren Lebensstils zur Überwindung des „Mind-Behavior-Gaps“. Diese Erkenntnisse der Umweltpsychologie (v.a. basierend auf Marcel Hunecke) und der Pädagogik in unseren Veranstaltungen umzusetzen und zu fördern halten wir für unverzichtbar, um die angezielte Wirksamkeit zu erhöhen und die geschilderten tief wurzelnden und umfassenden Hindernisse für einen nachhaltigeren Lebensstil zu überwinden.